Ausstellung (PLANTSFACES)

 

Einleitende Worte – Frau Dr. Ingeborg Besch

Monika Hau erarbeitet sich Ihre Welt durch Malerei. Sinnfindung, das Umgehen mit dem, was wir nicht verstehen, nicht begreifen können, die Aneignung dessen was wir sehen, riechen, schmecken, fühlen- alles geht in Farbe über.

Zunächst bedarf diese Art des Nachdenkens über die Welt und des Machens von neuer Welt einer soliden technischen Ausbildung. Dafür sorgte Monika Hau das Studium an der HBK Saar bei Prof. Baumgarten. Wie in jedem anderen Beruf muss das Handwerkszeug erlernt werden, der Umgang mit der Leinwand, den Farbpigmenten und mit den Farben. Was für den Betrachter späterhin oft so mühelos in der gestischen Freiheit erscheint, das hat viele Jahre der Vorbereitung und der Übung bedurft.

Die Werkgruppen, die hier gezeigt werden entstammen zwei Themenkomplexen, die sich auf eigentümliche Weise einander durchdringen. PLANTSFACES, also Pflanzen und Antlitz oder Gesicht. Pflanzen entstammen der organischen Welt, wie das Antlitz der Menschen auch, aber der botanischen. Wir geben den Pflanzen den Bewusstseinsgrad, den wir Menschen wahrnehmen können: sie bewegen sich passiv durch Wachstum, ohne aktive Ortsveränderung, sie geben keine aktiven Geräusche von sich, wie Gefühlsäußerungen, sie bilden heterogenste Formen aus, sie haben dienende Funktion in der Nahrungskette und was besonders auffällig ist im Unterschied zu humanen Wesen: sie empfinden nicht Schmerz und nicht Freud. Zumindest nicht nach den Maßstäben der menschlichen Existenz.

Seit Jahrhunderten ist die Pflanzenwelt für den Menschen ein Geheimnis. Macht euch die Erde untertan, so lautet der Auftrag nach der Vertreibung aus dem Paradies, so dass der Mensch die vegetabile Welt für sein eigenes Wohl benutzt, er ist der Macher, der Stärkere der Bestimmer, er kann sie leben lassen oder töten, kann die Form der Pflanzen manipulieren, er lebt von ihr und hat gleichzeitig Macht über sie. Das gibt ein gutes Gefühl und dort, wo Pflanzen besonders anmutig in ihrem Äußeren sind, zum Beispiel durch ihre Farben oder den Geruch, da verschönern sie sogar das Leben des Menschen.
Aber die Pflanzenwelt bleibt auch ein Geheimnis für den Menschen. Er fühlt ihre Kraft und ihr zähes Durchsetzungsvermögen. Wenn eine Autobahn 10 Jahre nicht mehr genutzt und, nicht gepflegt würde, wer würde gewinnen, sich durchsetzen, der Asphalt oder die Pflanze. So verletzbar, so fragil und gleichzeitig so unzerstörbar.
Wir leben eng mit diesen Phänomenen täglich zusammen und leben von ihnen (Sauerstoffgewinnung) und wissen eigentlich so gut wie nichts. So blieb über viele Jahrhunderte die Pflanzenwelt auch ein Geheimnis, die Märchenwelt…der verzauberte Wald, verschlingende Pflanzen, Jahrhunderte alte unbekannte Wesen werden in Bäumen gesehen…Die Zeit, das ist der ganz besondere Faktor, denn die Menschenjahre sind mit 80 schon hoch gezählt, Bäume und andere Pflanzenformen können 10derte von Jahren existieren. Was speichern sie von der Zeit, was ist ihr Bewusstsein? Jedenfalls sind es Lebewesen, wie wir Menschen auch.

Monika Hau erschafft parallel zur Natur Wachstumsprozesse auf der Leinwand. Wie es bereits Paul Cezanne im ausgehenden 19. Jahrhundert erkannt und formuliert hat: Die Kunst kann etwas erschaffen parallel zur Natur, niemals in der Nachahmung. Denn die Naturgesetze der kleinen Leinwand sind eben andere als die des lebendig wuchernden Makrokosmos.

Paul Klee hat am Anfang des 20. Jahrhunderts in seinen Skizzenbüchern sich bemüht die Parallelen Formen, die der Maler benutzen oder finden kann zu untersuchen.
Die Ergebnisse auf den Leinwänden von Monika Hau erwachsen aus dem Bewusstsein eines menschlichen Wesens, nicht eines pflanzlichen. Die Pflanzenwelt von außen erleben, das Erlebte durchdringt sich mit Mythen, Geschichten und mit subjektiver Befindlichkeit der Malerin selbst. Alles erwächst aus ihrem Erleben und aus ihren Schaffensmöglichkeiten. So einmalig und unberechenbar und unanalysierbar wie die Pflanzenwelt.
Für uns Betrachtende ergibt sich die Möglichkeit unsere ureigene Welt wieder mit dem zu melanchieren, was wir vor Augen sehen. Eine Reise, die bei jedem einzelnen der hier anwesenden anders ausfällt.

Die Dimension der Pflanzenwelt und dieser Ausstellung ändert sich aber erheblich mit dem Doppeltitel: PLANTSFACES. Eine Addition, gewiss, denn es gibt Pflanzenbilder und es gibt Bilder, die aus der Beobachtung eines Antlitz entstanden sind. Eine Durchdringung aber auch: denn es ist ja ein Wort entstanden und die Bilder zeichnen sich durch verwandten Duktus aus. Sie sind irgendwie ähnlich gemalt. Das amorph Wuchernde der Pflanzen, diese Übergangsformen, die sich oft gar nicht recht bestimmen lassen, diese unscharfen Passagen- all das findet sich in den Gesichtern ebenso.
Pflanzen wuchern und wachsen und verändern stetig ihre Form. Aber das Antlitz des Menschen? Sicher- von der Wiege bis zur Bare verwandelt es sich. Aber das geht ja doch über viele Jahrzehnte. Genauer hingeschaut, verwandelt es sich auch je nach Stimmung, Glück, Erfolg, Stress, Depression. Unsere Tätigkeit verwandelt das Gesicht. Camus` berühmter Satz: ab 40 ist jeder für sein Gesicht selbst verantwortlich. Mir fällt dazu die berühmte Reihe der Politikerfotografien über 10 Jahre ein. Wie hat sich das Antlitz von Fischer oder Angela Merkel nach 10 Jahren PolitikerIn im Rampenlichtsein gewandelt.
Was wir in der Pflanzenwelt nicht hinterfragen, eher als typisch erachten, im Zusammenhang mit dem menschlichen Gesicht merken wir auf. Was bei Pflanzen unter Wachstum, Metamorphose, Verwandeln geht, da reden wir beim menschlichen Antlitz vom Verfall. Vom Aussehen des Menschen haben wir strengere Normbilder, wertene Vorbilder. Die Vorstellung, dass auch das menschliche Gesicht einfach nur in Verwandlung ist- wertfrei ? Schwierig. Umgekehrt, die Vorstellung, dass die Pflanze ein subjektiv persönliches Aussehen hat, also nicht, eine Rose sieht wie eine Rose aus, eine Gelbe wie eine Gelbe und eine Rote wie eine Rote, sondern diese eine spezielle Rose hat ihr ganz eigenes, subjektives Antlitz- schwierig.


Monika Hau hat sich nicht ohne Anlass auf so viel Glatteis begeben. Die Beobachtung eines Antlitzes im Wandel, und zwar krankheitsbedingt im recht schnellen Wandel, führte sie im Fragen und Zweifeln auf neue Wege. Wenn diese Wandlungen im Antlitz dem Menschen sagen: Hier geschieht etwas Ungutes, dann deshalb weil wir Menschen streng an die normierende Vergleichsform gekettet sind. Was davon abweicht muss ungut sein. Das ist nicht dasselbe, wie Verwandlung durch Schmerz zu sehen. Da können wir die optische Botschaft mit dem schlechten Gefühl verbinden. Hier geht es um Verwandlungsprozesse, für welche uns die inneren Kriterien fehlen, weil wir nie erlebt haben, was da im Menschen geschieht und die die es erlebt haben werden niemals darüber sprechen können. Also etwas Unbekanntes.

Die Freiheit der Pflanze zu wuchern und zu wachsen, sich zu wandeln ist dem Menschen leider nicht gegeben: Nicht wegen der Natur, sondern wegen seinem wertenden, normierenden Verstand. Was ihn so auszeichnet, so einzigARTIG unter den Arten macht, das legt ihm gleichzeitig ein enges Korsett an.
Die Arten haben nun mal verschiedene Qualitäten, das muss und soll so bleiben. Aber ist das nicht trotzdem ein Aha-Erlebnis durch die Bilderwelt einer Künstlerin für Momente in ein Reich zu schauen mit Namen: " es könnte auch ganz ganz anders sein".

Als die schöne Nymphe Daphne vor der Liebe des ungestümen Apoll, dem Gott der Schönheit und des Geistes, flieht, da fleht sie die Götter um Hilfe an und diese verwandeln sie in den schönen Lorbeerbaum. Da lebt Daphne nun seit Jahrhunderten mit ihrem Pflanzengesicht. Wer weiß wie viele Pflanzengesichter unerkannt noch um uns und mit und leben, und wer weiß, wie viele Menschengesichter einfach nur sich wandeln wie ein wuchernder Strauch.

Meine Damen und Herren, einige von Ihnen sind über 40-denken sie an die Möglichkeiten. Und wenn sie alle auf die Bilder schauen, wünsche ich mir, dass sie durch die besagte Tür schauen können" es könnte auch alles ganz ganz anders sein"

 

 

 

Malen und die eigene Weltsicht zeigen

Monika Hau ist als Späteinsteigerin zur Malerei gekommen. Als Gaststudentin lernte sie ihr Handwerkszeug bei Professor Bodo Baumgarten an der Hochschule der Bildenden Künste Saar. | Foto: Graf

Der Prozess des Werdens und Vergehens von Mensch und Natur, überwiegend dargestellt in großformatigen Bildern, prägt die Arbeit der Künstlerin Monika Hau, wie eine aktuelle Ausstellung in Saarlouis zeigte.

Mit dem Malen begann es für Monika Hau wie für viele andere auch. Das Interesse daran bestand früh, doch zuerst kamen Beruf und Familie und überlagerten den Wunsch nach dem eigenen Ausdruck auf Leinwand und Papier. Ihre Ausbildung zur Erzieherin und die dazu
gehörigen Anteile an kreativer und gestalterischer Arbeit waren dabei so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich Kunst und Alltag bringen ließen. Das genügte für einige Jahre, dann, 1995, war "der Wunsch, etwas zu machen", erinnert sich Monika Hau, zu groß geworden, um ihn noch einmal zurückzudrängen. Die Kinder waren so weit erwachsen und sie bereit für Neues. Sie besuchte Malkurse, unter anderem bei Bettina van Haaren, erst einmal ohne feste Absicht: "Ich hab' geschaut, was passiert." Augenscheinlich viel, denn bald folgte der nächste Schritt. Monika Hau wollte an der Hochschule der Bildenden Künste Saar Malerei studieren, was ihr verwehrt blieb. Doch der damalige

Professor für Malerei an der Schule, Bodo Baumgarten, nahm sie als Gaststudentin in sein Atelier auf. "Kein Diplom, aber studiert", fasst Monika Hau diese fünf Jahre zusammen.
Sie wusste, dass es vor allem darauf ankam, kontinuierlich zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln. Diese Möglichkeit bestand, und die damit gegebene
Chance wollte sie nutzen. Sie mietete sich in Saarbrücken ein eigenes Atelier, ging regelmäßig zu den Atelierbesprechungen bei Bodo Baumgarten. Das verlangte von ihr, "sich der Auseinandersetzung zu
stellen", weiß sie; dabei profitierte sie zugleich von "der Auseinandersetzung mit den Themen der Studienkollegen". Monika Hau hatte studiert, gelernt und wusste nach fünf Jahren, dass nun etwas anderes
passieren musste.

Der nächste Schritt war fällig, und der bedeutete den Abschied vom Studium. Jetzt wusste sie, wie es weitergehen sollte: "Mein Weg wurde konkret. Die
Malerei stand im Mittelpunkt und die Natur als Werden und Vergehen wurde mein Thema", erklärte sie. Das hieß, keine Blumenbilder oder Landschaften zu malen. Fotografieren und Zeichnen, Bildnotizen aus dem eigenen Garten machen, aber keinesfalls "Natur nachahmen", stellt sie klar. Sie beschäftigten die Veränderungen, das Aufbrechen und Absterben, das Blühen und der Verfall, die sie mit Pastellkreide, Acrylfarbe in Form, Struktur und Farbe übersetzte. Ein weiterer, für sie notwendiger Schritt schloss sich
an. "Zum professionellen Arbeiten gehört dazu, die eigene Weltsicht und Wahrnehmung zu zeigen." Große Ausstellung im ver.di-Haus in Karlsruhe

Konkret bedeutete das, die eigene Arbeit in Ausstellungen vorzustellen und damit endgültig anzuzeigen, dass die Studienzeit vorüber war. 150 Bilder, die sie im ver.di-Haus in Karlsruhe zeigte, markierten diesen Umbruch: "Ich wollte mich auf meine Arbeit konzentrieren", begründet sie diesen Schritt in die Öffentlichkeit, dem aktuell eine Ausstellung im Gebäude der ehemaligen Landeszentralbank Saarlouis,
heute Sitz der Firma Inexio, folgte. Zwangsläufig hat sich ihr Blick auf die Natur, auf´s Vergehen und Werden weiterentwickelt und sich im großen Bildformat verfangen. Die gewachsenen Fähigkeiten geben Sicherheit dem Thema gegenüber, meint sie und wieder folgte ein Schritt hin zur menschlichen Natur.

Vor einiger Zeit rückte das menschliche Antlitz ins Zentrum ihrer Malerei. Auch hier begegnete ihr der Prozess des Werdens und Vergehens, wie sie feststellte. "Ich arbeite mich an Themen ab, die ich in meinem Leben finde", sagt Monika Hau dazu. Das heißt, diese Auseinandersetzung in die Malerei zu tragen und sie mit deren Mitteln zu führen. Die folgt eigenen Gesetzmäßigkeiten und steht in notwendiger Distanz zum Leben. Eins zu Eins ins Leben zurückübersetzen lässt sich so ein Bild freilich nicht. "Ein Bild muss
stimmen", stellt sie fest. Das Leben und die Beobachtungen daraus werden Material. Sie sind nicht deren Abbild, sondern Verwandlung der Beobachtungen und Wahrnehmungen in künstlerische Arbeit. Es geht immer um die Malerei. Es bleibt eine Bewegung mit offenem Ende: "Ich möchte kein Ziel erreichen. Ich möchte nur weiter. Die Freude am Malen wird mich nicht verlassen."

Sabine Graf