Ausstellung (Körperhaftigkeit und Landschaft)
-also, Malen kann man auf verschiedene Weise.
Bis aus Wahrnehmung ein Gedanke wird, haben sich im Gehirn Milliarden kleiner elektrischer Verbindungen zu einem Strom gebildet- quer durch- dass für Bruchteile einer Sekunde eine Wertung aufblitzt. Tausende solcher Wertungen verschiedener Richtung und Abwägung bilden- bilden- sich zu einer Meinung oder Tat.
Beides schafft Voraussetzungen.
Diese wiederum werden aufgenommen, zu einem Entschluss umgesetzt.
Cezanne konnte einen ganzen Tag vor seinem Bild sitzen, dann einen Pinselstrich setzen, der das ganze Gefüge im neuen Licht erscheinen ließ. Gewinn oder Verlust. Dann fühlte er sich an der Realität gescheitert. Legte weg oder begann von vorn.
So kannst Du ratlos vor Deinem Bild stehen. Ein Gewitter verschiedener Regungen lässt Dich passiv sein, bis sich Dein Arm hebt, unwillkürlich (beileibe keine intellektuelle Handlung, eher Abwehr oder Reflex)
Was wird, weißt Du nicht, aber passieren muss jetzt was -jetzt-
Pinsel in die Hand
Farbe lacht Dich an
Mehr-noch mehr
Wenn Du gehst, bewegen sich doch auch hunderttausend Einzelheiten in Deinem Gerippe, ohne dass Du weißt.
So jetzt fühlst Du, dass eine neue Lage entstanden ist.
Ja ja, auf die Zehntelsekunde kommt es an, rechtzeitig aufzuhören.
Jetzt strafft sich das Bild, das Gebilde guckt Dich an.
Vielleicht lächelt es Dich an. Dann fühlst Du Dich im Strom, das Bild wird
stärker als Du und doch bist Du es gewesen.
Dies nur, wie sich Meinung verdichtet zu Bild.
Noch mal :
Aus klarer Luft baut sich Wetter auf. Bisheriges Leben gibt Dir Weisung.
Was Du gemacht hast (nicht gemacht hast) wird Einstellung.
Soll sich Horizont öffnen, musst Du Dich bewegen.
Will Wahrheit entstehen, musst Du aufstehen, wo Du hingefallen bist.
Bilder malen heißt Äquivalente herstellen, nach Innenzusammenhang und nach
Außenzusammenhang, Verdichtungen schaffen und Intuitionen prüfen, bis sich
Notwendigkeiten ergeben.
Wenn ich vor einem Bild stehe, muss ich das alles lesen können? Sicher
nicht, aber die gewonnene Kraft möchte ich fühlen.
So geht Wahrnehmung los von vorne, beim Machenden, wie beim Betrachtenden.
Bewusstsein in die Welt setzen.
Soll mir einer sagen, dies wäre keine menschliche Existenz!
Sich aufgeben, neu finden.
Auf diese Weise kann man malen.
Auch.
Professor Bodo Baumgarten
Eike Oertel-Mascioni
Einleitende Worte zu
Körperhaftigkeit und Landschaft
Mit den Themen Körperlichkeit und Landschaft beschäftigt sich Monika Hau
schon seit einiger Zeit. Sie bieten ihr als Künstlerin die Möglichkeit,
Figuren und Dinge aus der Natur in eine Konstellation zu bringen. Als
Bildmotive nehmen sie einen großen Raum im jüngsten Schaffen von Monika
Hau ein. Der Alltag, seine Struktur und Vielschichtigkeit sind im Werk von
Monika Hau von zentraler Bedeutung. Sie ist als Künstlerin auch an den
kleinen, unscheinbaren Gegenständen interessiert, an den stillen, stummen
und unbewegten Dingen. Ganz einfache, naheliegende Gegenstände und ruhige
Dinge der Natur versammelt sie in ihren Bildern. Sie nimmt das Wesen der
Dinge wahr und verleiht diesen Gefühlen Ausdruck. Eigentlich also ein
wortloses Arrangement, aber trotzdem scheint es eine Verständigung
zwischen den Bildelementen zu geben. Alleine oder auch als Gruppe stehen
die Dinge dialogbereit zwischen Betrachter und Bild. Ihre Arbeiten sind
Räume, in denen unser Auge auf Entdeckung gehen kann. Beim Betrachten der
Werke stellen sich daher oft unwillkürlich Assoziationen zu Bekanntem ein.
So glaubt man florale-vegetative Formen ausfindig zu machen und an anderer
Stelle erahnt man figürliche Silhouetten.
Monika Haus Werke bestehen größtenteils aus Bildserien zu abgeschlossenen
Themenkreisen, die sich auch durch die unterschiedliche Anwendung mehrerer
Techniken und durch den Einsatz bestimmter Farbtöne voneinander abgrenzen.
Man begegnet beispielsweise einem Zyklus von großflächigen und mit
kräftigen Farben gemalten Ölbildern zum Thema Landschaft. Die Ölfarben
sind zum Teil dicker aufgetragen, teilweise ist die Oberfläche aufgeraut,
wodurch eine zusätzliche Dimension entsteht. Kraftvolle Pinselschwünge
geben den Formen eine lebendige, konzentrierte Kraft. Hellere Zonen
vermitteln den Eindruck räumlicher Tiefe, während die dunklen Zonen sich
vor der Bildfläche auszudehnen scheinen.
Die Farbkontraste stehen für
Energie und Spannung, wobei es der Künstlerin gut gelingt,
Farbnuancierungen durch Unterschiede in Farbauftrag und
Oberflächenstruktur zu erzielen.
Nuancen der Farbtöne, oft durch Spachtelauftrag erreicht, bewirken eine
Abschwächung des spannungsgeladenen Kontrastes innerhalb des jeweiligen
Bildes. Die Künstlerin interessieren hierbei vor allem die wechselnden,
lebendigen Oberflächenstrukturen und die Verdichtungen der Malschichten.
Sie versteht es, eigenartige Strukturen auf der Leinwand oder auf einem
ausgedienten Postsack festzuhalten. Monika Hau arbeitet auch mit
plastischen Mitteln, indem sie Papierelemente aufklebt und in die
Dreidimensionalität führt. Die Collagen erzeugen eine belebte, sich auch
an das Tastgefühl wendende Oberfläche. Durch den Einsatz dieser
eingefügten Collageelemente erhalten die Bilder eine ganz besondere
Leichtigkeit, und durch den Wechsel von Collage und Grund entsteht ein
subtiles Wechselspiel auf der Oberfläche. Durch die Farbkontraste der
Elemente untereinander verstärkt sich der plastische Impuls im Bild und
gewinnt an Eigengewicht. Innerhalb des Bildes entsteht so eine neue
Bedeutungsebene, die auf das Bezugssystem von Fläche und Bildraum
ausgerichtet ist. Diese Arbeiten bezeugen ein Stadium zwischen Malerei und
Relief. Farbe und Papier werden uns als formende Kräfte vorgeführt. Hier
zeigt sich, dass die Künstlerin sich mit dem Ästhetischen allein nicht
zufrieden gibt. Die Erforschung des verborgenen Wesens der Dinge, ihrer
verdeckten Ästhetik in Material, Form und Farbe treibt die Künstlerin
voran. Monika Hau ist sicherlich fasziniert von der unregelmäßigen und
rhythmisch bewegten Oberfläche dieser eingefügten Elemente. Doch sie
begnügt sich nicht damit, sie nur zu montieren, sondern sie fügt sie in
ihre Bildräume ein.
Der Verflächigung des Volumens in einfache, rhythmisch gegliederte
Elemente folgen mehrfach geschichtete, aus Figur und Grund durchlichtete
Räume. Man trifft sowohl auf schwingende Farbräume in leuchtenden Tönen,
auf gestufte Helligkeit, als auch auf Bilder in gedämpften und eher
dumpfen Farben.
Spannungsreiche Formen, der Dialog von Figur und Grund, von Hell und
Dunkel sind Kennzeichen der meisten Bilder. Die von hellen, eher zarten
Farben dominierten Bilder, wie z. B. auch das Diptychon mit dem Titel "Toskana", das Sie von der Einladungskarte her kennen, zeigen ein großes
Maß an Formverdichtung, an innerer Energie, an bewegter Bildstruktur. Wie
durch einen Schleier erscheint hier die landschaftliche Darstellung, die
einer inneren und äußeren Momentaufnahme gleichkommt. Farbe und Form
korrespondieren immer miteinander. Daraus ergibt sich, dass Gleichgewicht
im Bild von Monika Hau als ständig neu zu bewältigende Herausforderung
hergestellt werden muss. In einigen Arbeiten wird die kräftig-leuchtende
Farbigkeit zurückgenommen. Die Farbpalette changiert dabei äußerst subtil:
erdig-braun, ocker, beige und graublau schimmert die Oberfläche von
einigen Bildern. Die Künstlerin ist mit diesen "Landschaften" innerlich
verbunden. Fläche, farbig hinterlegt und darüber oft strukturiert,
wechselt ab mit scheinbar räumlichen Durchblicken. Tiefer liegende
Farbschichten beeinflussen die Oberflächenerscheinung erheblich, sie sind
der kaum wahrnehmbare "Baustein" für eine starke und zugleich doch
unaufdringliche Bildwirkung. Die mit zum Teil lebendigem, wild gesetztem
Pinselstrich aufgetragenen Schichten fügen sich zu Flächen, die sowohl als
homogen, als auch heterogen zu bezeichnen sind.
Es gibt bei Monika Hau also Bilder, die sich mal mehr, mal weniger an der
Realität, an der Natur sozusagen, orientieren. Gerade die Arbeiten, die in
jüngster Zeit entstanden sind, wuchsen aus einer immer intensiver und
bewusster gelebten Beziehung zur Natur. Zahlreiche Werke, darunter die
hier gezeigten "Landschaften" und figurativen Kompositionen sind deshalb
Antworten, die aus dem Prozess der Naturerfahrungen und Naturerlebnisse
entstanden sind. Genau genommen sind es menschliche Körper in ihrer
Beziehung zur Landschaft, zur Natur und auch zum Garten. Das zeigt sich
sowohl in den Farben, als auch in den Formen und in der Struktur. Auch in
der Dynamik des Pinselstrichs drückt sich dieses Thema aus. Die Künstlerin
abstrahiert und reduziert auf das Wesentliche, aber immer so, dass der
Betrachter das Thema erkennt – oder zumindest erahnt. Wo genau die Grenze
zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit verläuft, ist nicht zuletzt
eine Frage der Phantasie. Monika
Haus Arbeiten sind faszinierende Werke, ästhetisch ansprechend. Inhalt
oder Bedeutung ist natürlich nicht immer auszumachen. Auch dem impulsiv
erscheinenden Malvorgang liegt eine Recherche zugrunde. Die
Auseinandersetzung mit den Reizen eines Motivs oder Themas und der
anschließenden Übertragung in eine Bildkomposition stellt sich für die
Künstlerin jedes Mal neu. Was von einem Bild zum
anderen führt, sind neue Farben, vertraute Momente, die fordern, erprobt
und ausgebaut zu werden. Immer wieder geht es also um Realitätserfahrungen. "Ich lasse mich von der Natur inspirieren" sagt die Künstlerin. Die Form
im Sinne der Kunst erhält ihre Impulse zwar von der Natur. Sie ist jedoch
nicht an die gegenständliche Wirklichkeit gebunden, sondern vielmehr an
das künstlerische Erlebnis aus der gegenständlichen Wirklichkeit. In der
Natur existiert jeder Gegenstand, jedes Lebewesen in seiner Beziehung zu
anderen Dingen. Der bildnerische Prozess ist bei Monika Hau eben immer
auch ein emotionaler.
Bei ständig fortschreitender Auflösung der Form konnte Monika Hau die
Farbe immer intensiver auskundschaften. Die Künstlerin entwickelt stimmige
Lösungen, die auch unserem Harmoniebedürfnis entsprechen und in sich
geschlossen wirken. Monika Hau komponiert ohne Brüche, ohne Widersprüche.
Die Bilder sind so angelegt, dass sie aus der Weite bzw. aus der Ferne zu
erfassen sind und in der Nähe feinste Strukturen und Detailreichtum
aufzeigen. Erst die Nähe zum Bild enthüllt uns die Intimität
strukturierter Farben und lässt uns Zusammenhänge und Farbräume entdecken.
Starke, kräftige Farben dürfen sein, aber die Farbharmonie muss stimmig
bleiben.
Weder konventionell noch avantgardistisch, weder rein abstrakt noch rein
gegenständlich ist das Werk von Monika Hau. Wir haben es bei Monika Haus
Arbeiten mit wechselnden Schwerpunkten zu tun oder: mit einer Einheit in
der Vielfalt – dies sind die Prinzipien ihrer Arbeit. Im Thematischen ist
eine Konstante nicht zu übersehen. Man kann die Künstlerin durchaus zu
jenen glücklichen Künstlerinnen zählen, die eigentlich von Anfang an ihr
Thema haben und dies immer wieder neu interpretieren können. Sie
verfeinerte über Jahre hinweg ihre malerischen Fähigkeiten derart, dass es
ihr gelingt, fein abgestufte Farbtöne zu setzen, welche das Auge als Licht
und Schatten in einem modular aufgebauten Raum interpretiert. Der
selbstbewusste Umgang mit einer ausgefallenen Farbigkeit sowie der Wechsel
in Format, Farbe, Struktur, Malerei und Collage erlaubt zudem, sich der
Routine zu entziehen.